Sep 12 / Dr. med. Vanessa Hilal

Fetale Echokardiographie - ein Überblick

Die fetale Echokardiographie ist eine spezialisierte Ultraschalluntersuchung, die zur Bewertung des fetalen Herzens eingesetzt wird. Diese Methode ermöglicht es, Herzstrukturen und -funktionen im Detail zu betrachten und angeborene Herzfehler frühzeitig zu diagnostizieren. Sie spielt eine wesentliche Rolle bei der Früherkennung von Herzproblemen und unterstützt die Planung notwendiger medizinischer Interventionen nach der Geburt.


Indikationen der fetalen Echokardiographie

Es gibt mehrere Indikationen, bei denen eine fetale Echokardiographie durchgeführt wird. Diese umfassen Auffälligkeiten im regulären geburtshilflichen Ultraschall, die auf Herzprobleme hindeuten, eine Familienanamnese mit angeborenen Herzfehlern, abnormale Befunde bei erhobenen pränatalen Tests sowie mütterliche Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes oder Lupus. Auch Chromosomenanomalien beim Feten können Anlass für eine fetale Echokardiographie sein. Diese Untersuchung ist entscheidend, um potenzielle Herzprobleme frühzeitig zu erkennen und entsprechend handeln zu können.

Auffälligkeiten im Vierkammerblick

Der Vierkammerblick ist ein grundlegender Bestandteil der fetalen Echokardiographie. Mithilfe des Vierkammerblicks lassen sich Anomalien wie beispielsweise Lageanomalien (Dextrokardie, Mesokardie etc.), Veränderungen der Herzgröße, Arrythmien, Ventrikelauffälligkeiten, Defekte des Ventrikelseptums, Anomalien der AV-Klappen, Lungenvenenfehlmündung, Herztumore und ein Perikarderguss detektieren.

Auffälligkeiten im LVOT und RVOT sowie im 3-Gefäß-Trachea-Blick

Einige Herzfehler lassen sich im Vierkammerblick nicht oder nur eingeschränkt darstellen. Dazu gehören beispielsweise die Fallot’sche Tetralogie (TOF) und die Transposition der großen Gefäße (TGA). Auch der Truncus arteriosus communis (TAC) und der Double Outlet Right Ventricle (DORV) sind Beispiele für Defekte, die im Vierkammerblick kaum erkennbar sind.

Stenosen und Atresien der Semilunarklappen, wie beispielsweise die Aortenstenose, gehören ebenfalls zu den Herzfehlern, welche sich hauptsächlich bei Betrachtung der Ausflusstrakte detektieren lassen. Durch sonographische Darstellung der Ausflusstrakte bei der fetalen Echokardiographie liegt die Erkennungsrate der fetalen Herzfehler bei 80-90%.

Herzfehler und chromosomale Assoziationen

Bestimmte Herzfehler weisen eine Assoziation zu chromosomalen Erkrankungen auf. So sind AVSDs häufig bei Trisomie 21 und Trisomie 18 zu finden. Auch die Fallot’sche Tetralogie ist bei diesen Chromosomenanomalien oft präsent. Der Double Outlet Right Ventricle (DORV) tritt häufig bei Trisomie 18 auf. Ein Outlet-VSD kann sowohl bei Trisomie 13 als auch bei Trisomie 18 vorkommen.

Diese Assoziationen sind wichtig, da sie helfen, das Risiko für bestimmte genetische Anomalien zu bewerten und die notwendigen pränatalen und postnatalen Maßnahmen zu planen. Eine TGA (Transposition der großen Gefäße) hingegen weist keine Assoziation zu chromosomalen Erkrankungen auf.

Praktischer Teil: Vorschallen und Dokumentation

Der praktische Teil der fetalen Echokardiographie beinhaltet das Vorschallen und die sorgfältige Dokumentation der Befunde. Wichtige Aspekte umfassen die Untersuchung des Situs abdominalis, der Vierkammerblick sowie die Analyse des links- und rechtsventrikulären Ausflusstrakts und des 3-Gefäße-Trachea-Blicks.

In der Ebene 1, dem Vierkammerblick, werden Herzlage, Herzgröße, Rhythmik und Kontraktilität beurteilt. Vorhöfe, Ventrikel sowie die Lage und Funktion der AV-Klappen sind ebenfalls Teil dieser Untersuchung. Die Kontinuität des Ventrikelseptums und die Beschaffenheit des interatrialen Septums mit der Klappe des Foramen ovale sind weitere relevante Merkmale.

In der Ebene 2, dem linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT), wird der regelrechten Abgang der Aorta aus dem linken Ventrikel betrachtet. 

In der Ebene 3, dem rechtsventrikulären Ausflusstrakt (RVOT), wird auf den regelrechten Abgang des Truncus pulmonalis und seiner Aufteilung in rechte und linke A. pulmonalis geachtet Bei Betrachtung der Ausflusstrakte sollte unbedingt auf die “Kreuzung” von Aorta und Truncus pulmonalis geachtet werden.

Der 3-Gefäße-Trachea-Blick in der Ebene 4 umfasst die Betrachtung des Truncus pulmonalis, der Aorta sowie der Vena cava inferior und der Trachea. Eine gründliche Bilddokumentation all dieser Ebenen ist entscheidend für die genaue Diagnosestellung.

Pathologien erkennen

Bei der Erkennung von Pathologien werden spezifische Fälle betrachtet, um die diagnostischen Fähigkeiten zu schärfen. Ein Beispiel ist die Ebstein-Anomalie, bei der eine Versetzung der Trikuspidalklappe nach apikal vorliegt. Dies führt zu einer „Atrialisierung“ des rechten Ventrikels, einer insuffizienten und dysplastischen Trikuspidalklappe sowie einer Dilatation des rechten Atriums, die zu einer Kardiomegalie führt. Die Farbdopplersonographie zeigt hierbei eine Trikuspidalregurgitation.

Ein weiterer Fall ist die Transposition der großen Gefäße (TGA), die durch eine ventrikuloarterielle Diskordanz gekennzeichnet ist. Im Vierkammerblick sind oft keine Auffälligkeiten zu sehen, aber der Ausflusstrakt zeigt eine Seit-zu-Seit-Stellung der Gefäße. Im 3-Gefäße-Blick sind häufig nur zwei Gefäße darstellbar: der Aortenbogen und die Vena cava superior. Die TGA weist selten Assoziationen zu chromosomalen oder extrakardialen Anomalien auf.

Ein dritter Fall betrifft den Double Outlet Right Ventricle (DORV), bei dem beide Ausflusstrakte aus dem rechten Ventrikel entspringen. Ein VSD ist in diesem Zusammenhang häufig vorhanden. Im Vierkammerblick zeigt sich eine Ventrikelauffälligkeit, und im 3-Gefäße-Blick sind der Aortenbogen und die Vena cava superior sichtbar. DORV ist oft mit chromosomalen Anomalien wie Trisomie 18, Trisomie 21 und der 22q11.2-Deletion assoziiert.

Abschluss

Die fetale Echokardiographie ist eine wesentliche Untersuchungsmethode zur Früherkennung angeborener Herzfehler. Eine detaillierte Beurteilung der Herzstrukturen und -funktionen im Rahmen dieser Untersuchung ermöglicht eine frühzeitige Diagnosestellung und damit eine bessere Planung und Vorbereitung auf die nötigen medizinischen Interventionen nach der Geburt.

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Fetale Echokardiographie
Vertiefe dein Verständnis für typische und pathologische Befunde im Vierkammerblick und darüber hinaus.

Dr. med. Vanessa Hilal

Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe