Nov 7
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Doctorflix Gastbeitrag
Myeloproliferative Neoplasien - eine Einführung
Erhalte einen umfassenden Einblick rund um myeloproliferative Neoplasien (MPN) und erfahre mehr über die unterschiedlichen Entitäten, wie man myeloproliferative Neoplasien diagnostiziert und therapiert, sowie einen Überblick über aktuelle Herausforderungen.
Myeloproliferative
Neoplasien (MPN) sind monoklonale Erkrankungen der myeloischen Stammzellen mit
eigenständiger Proliferation einer oder mehrerer hämatopoetischer Zellreihen.
So können je nach Typ und Ausprägung eine Erythrozytose, Leukozytose und/oder Thrombozytose
im peripheren Blut auftreten. Zudem sind die Symptome dieser Erkrankungen
vielfältig und schreiten unterschiedlich schnell zu einer akuten myeloischen
Leukämie oder Fibrose voran.
In diesem Artikel werden die aktuellsten Erkenntnisse über MPN näher erläutert. Der Inhalt richtet sich an interessierte Hämatologen und Onkologen, die tagtäglich mit den Herausforderungen dieser Erkrankung konfrontiert sind oder an alle, die sich zusätzlich innerhalb der Onkologie fortbilden möchten. Ihr erfahrt alles Wichtige über die unterschiedlichen Entitäten, Symptome und Diagnostik inkl. differentialdiagnostischer Abgrenzung. Ein weiterer spannender Schwerpunkt sind die neuesten Therapieansätze und Herausforderungen, die in der Behandlung auftreten können, und abschließend werfen wir einen Blick in die Zukunft. Was sagt die aktuelle Forschung, was sind Hoffnungsträger und die neuesten Studien, die uns erwarten werden?
Die Definition der Myeloproliferativen Neoplasien ist historisch gewachsen und erstmals durch den Hämatologen W. Dameshek im Jahr 1951 in vier Formen klassifiziert worden:
In der aktuellen WHO-Klassifikation von 2022 wurde die
und die selteneren Entitäten wie die
zu den den MPN hinzugezählt.1
Des Weiteren bestehen enge Verwandtschaften zu den MPN bei eigenständigen Entitäten wie der systemischen Mastozytose (SM), der atypischen CML, „myeloischen und lymphatischen Neoplasien mit Eosinophilie und Rearrangements von PDGFRA, PDGFRB, FGFR1 oder PCM1-JAK2 Fusionsgen“ (MLN-Eo) und der chronischen myelomonozytären Leukämie (CMML).2
Doch wie unterscheiden sich nun diese verschiedenen Entitäten? Und woran kann man sie erkennen?
Bei der chronischen myeloischen Leukämie (CML) steht eine maligne Entartung der pluripotenten Knochenmarkstammzelle im Vordergrund. Bei der klassischen Form werden Teile des Chromosoms 9 mit Teilen des Chromosoms 22 ausgetauscht (Translokation t(9;22) (q34.1;q11)). Dabei Fusionieren jeweils Teile des ABL-Gens mit Teilen des BCR-Gens. Das so entstehende, verkürzte Chromosom 22 wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Das auf ihm entstandene BCR-ABL Fusionsgen codiert für eine Tyrosinkinase, die in ihrer veränderten Form zu einer ungehemmten Proliferation vor allem unreifer Granulozytenvorstufen und in der Folge zu einer Leukämie führt.3 Die im Übermaß produzierten Granulozyten sind funktionstüchtig.
Bei der essentiellen Thrombozythämie (ET) kommt es hauptsächlich zur Vermehrung der Thrombozyten. Die Polycythaemia vera (PV) ist durch eine Panmyelose (Erythrozytose, Thrombozytose und Leukozytose) gekennzeichnet. In der Frühphase der primären Myelofibrose (PMF) ist manchmal auch die Zahl der Thrombozyten erhöht, später führt allerdings ein fibrotischer Umbau des Knochenmarks zur Zellarmut. Neben diesen drei Hauptformen gibt es fließende Übergänge zwischen ET, PV und PMF. Im Gegensatz zur CML sind die genetischen Ursachen dieser Erkrankungen komplexer, doch es wurden verschiedene andere Treibermutationen entdeckt, die zur Krankheitsentstehung beitragen. Die häufigste Treibermutation ist die JAK2 V617F (eine erworbene Punktmutation im JAK2-Gen), die bei fast allen Patienten mit PV und etwa der Hälfte der Patienten mit ET und PMF auftritt.4,5,6
Die richtige Entität zu identifizieren bringt bei Vorstellung und Untersuchung des Patienten allerdings Herausforderungen mit sich. So variieren die Symptome der MPN von Patient zu Patient und unterscheiden sich je nach zugrundeliegendem Typ und der Krankheitsphase bei Vorstellung. Allgemein typische Symptome sind Fatigue, reduzierte Leistungsfähigkeit und Nachtschweiß. Bei ET und PV können Mikrozirkulationsstörungen und Vaso Okklusionen sowie Splenomegalie auftreten. Durch extramedulläre Hämatopoese, eine progrediente Knochenmarkfibrose und begleitende chronisch-entzündlicher Prozesse können Patienten mit Myelofibrose (MF) zusätzlich an Hepatomegalie, Schmerzen, portaler Hypertension, Gewichtsverlust, Fieber, Pruritus oder Arthralgien leiden. Der Verlauf der Erkrankungen ist chronisch und progredient.
In diesem Artikel werden die aktuellsten Erkenntnisse über MPN näher erläutert. Der Inhalt richtet sich an interessierte Hämatologen und Onkologen, die tagtäglich mit den Herausforderungen dieser Erkrankung konfrontiert sind oder an alle, die sich zusätzlich innerhalb der Onkologie fortbilden möchten. Ihr erfahrt alles Wichtige über die unterschiedlichen Entitäten, Symptome und Diagnostik inkl. differentialdiagnostischer Abgrenzung. Ein weiterer spannender Schwerpunkt sind die neuesten Therapieansätze und Herausforderungen, die in der Behandlung auftreten können, und abschließend werfen wir einen Blick in die Zukunft. Was sagt die aktuelle Forschung, was sind Hoffnungsträger und die neuesten Studien, die uns erwarten werden?
Die Definition der Myeloproliferativen Neoplasien ist historisch gewachsen und erstmals durch den Hämatologen W. Dameshek im Jahr 1951 in vier Formen klassifiziert worden:
- Polycythaemia vera (rubra) (PV)
- Essentielle Thrombozythämie (ET)
- Primäre Myelofibrose (PMF)
- Chronische myeloische Leukämie (CML)
In der aktuellen WHO-Klassifikation von 2022 wurde die
- chronische myeloische Leukämie mit dem Zusatz „BCR-ABL1-positiv“ erweitert
- primäre Myelofibrose in die beiden Formen präfibrotische Myelofibrose (präPMF) und fibrotische Myelofibrose unterteilt
und die selteneren Entitäten wie die
- chronische Neutrophilenleukämie (CNL)
- nicht anderweitig spezifizierte chronische Eosinophilenleukämie (CEL NOS)
- unklassifizierte myeloproliferative Neoplasien (MPNu)
zu den den MPN hinzugezählt.1
Des Weiteren bestehen enge Verwandtschaften zu den MPN bei eigenständigen Entitäten wie der systemischen Mastozytose (SM), der atypischen CML, „myeloischen und lymphatischen Neoplasien mit Eosinophilie und Rearrangements von PDGFRA, PDGFRB, FGFR1 oder PCM1-JAK2 Fusionsgen“ (MLN-Eo) und der chronischen myelomonozytären Leukämie (CMML).2
Doch wie unterscheiden sich nun diese verschiedenen Entitäten? Und woran kann man sie erkennen?
Bei der chronischen myeloischen Leukämie (CML) steht eine maligne Entartung der pluripotenten Knochenmarkstammzelle im Vordergrund. Bei der klassischen Form werden Teile des Chromosoms 9 mit Teilen des Chromosoms 22 ausgetauscht (Translokation t(9;22) (q34.1;q11)). Dabei Fusionieren jeweils Teile des ABL-Gens mit Teilen des BCR-Gens. Das so entstehende, verkürzte Chromosom 22 wird als Philadelphia-Chromosom bezeichnet. Das auf ihm entstandene BCR-ABL Fusionsgen codiert für eine Tyrosinkinase, die in ihrer veränderten Form zu einer ungehemmten Proliferation vor allem unreifer Granulozytenvorstufen und in der Folge zu einer Leukämie führt.3 Die im Übermaß produzierten Granulozyten sind funktionstüchtig.
Bei der essentiellen Thrombozythämie (ET) kommt es hauptsächlich zur Vermehrung der Thrombozyten. Die Polycythaemia vera (PV) ist durch eine Panmyelose (Erythrozytose, Thrombozytose und Leukozytose) gekennzeichnet. In der Frühphase der primären Myelofibrose (PMF) ist manchmal auch die Zahl der Thrombozyten erhöht, später führt allerdings ein fibrotischer Umbau des Knochenmarks zur Zellarmut. Neben diesen drei Hauptformen gibt es fließende Übergänge zwischen ET, PV und PMF. Im Gegensatz zur CML sind die genetischen Ursachen dieser Erkrankungen komplexer, doch es wurden verschiedene andere Treibermutationen entdeckt, die zur Krankheitsentstehung beitragen. Die häufigste Treibermutation ist die JAK2 V617F (eine erworbene Punktmutation im JAK2-Gen), die bei fast allen Patienten mit PV und etwa der Hälfte der Patienten mit ET und PMF auftritt.4,5,6
Die richtige Entität zu identifizieren bringt bei Vorstellung und Untersuchung des Patienten allerdings Herausforderungen mit sich. So variieren die Symptome der MPN von Patient zu Patient und unterscheiden sich je nach zugrundeliegendem Typ und der Krankheitsphase bei Vorstellung. Allgemein typische Symptome sind Fatigue, reduzierte Leistungsfähigkeit und Nachtschweiß. Bei ET und PV können Mikrozirkulationsstörungen und Vaso Okklusionen sowie Splenomegalie auftreten. Durch extramedulläre Hämatopoese, eine progrediente Knochenmarkfibrose und begleitende chronisch-entzündlicher Prozesse können Patienten mit Myelofibrose (MF) zusätzlich an Hepatomegalie, Schmerzen, portaler Hypertension, Gewichtsverlust, Fieber, Pruritus oder Arthralgien leiden. Der Verlauf der Erkrankungen ist chronisch und progredient.
Das Unsichtbare sichtbar machen: Wege zur MPN-Diagnose und Abgrenzung zu Differentialdiagnosen
Neben der ausführlichen Anamnese und klinischen Untersuchung (z.B. nach dem MPN Symptom Assessment Form, MPN-SAF) besteht die primäre Diagnostik aus Blutuntersuchungen, Sonographie des Abdomens (Hinweise auf Splenomegalie/Hepatomegalie), Knochenmarkzytologie und Histologie. Dabei wird auch auf genetische Mutationen wie JAK2 V617F, Calreticulin- oder MPL Mutation getestet. Ein PCR-Test dient dem Nachweis eines BCR-ABL1 Fusionsgens, was dann zur Diagnose einer CML führt.
Bei der Einteilung der MPN sind neben den erhöhten Werten von Erythrozyten, Leukozyten, Hämoglobin/Hämatokrit und Thrombozyten das Vorhandensein von Zytopenien und Dysplasien zur Differenzierung essentiell. Ebenso wichtig ist die Durchführung der Knochenmarkhistologie. Die Megakaryozytenmorphologie hilft bei der Unterscheidung von PMF, ET und PV. Bei einer PMF zeigen sich dichte Nester (Cluster) reifungsgestörter Megakaryozyten mit hyperchromatischen Zellkernen. Bei PV und ET hingegen sind die Megakaryozyten nicht eindeutig reifungsgestört. Bei der PV sind sie eher pleomorph, bei der ET typischerweise stark vergrößert. Bei der CML unterscheidet man verschiedene Krankheitsphasen, während ET, PV und PMF basierend auf unterschiedlichen Risikofaktoren und der Anamnese des Patienten in Risikogruppen eingeteilt werden. Diese Einteilung ist dann entscheidend für die Wahl der Therapie.
Differentialdiagnostisch sollten bei einer PV stets sekundäre Erythrozytosen aufgrund von Verminderung des Plasmavolumens, Nikotinabusus oder aufgrund EPO-Vermehrung in Betracht gezogen oder ausgeschlossen werden. Bei einer ET stehen reaktive Thrombozytosen mit Werten meist über 1.000.000µl nach Operationen, Splenektomien, Blutverlusten etc. sowie andere myeloproliferative Neoplasien als Differentialdiagnose im Raum. Bei einer PMF ist an sekundäre Myelofibrosen andere myeloproliferative Erkrankungen, wie eine systemische Mastozytose, eine sekundäre Markfibrose bei Karzinomen mit Knochenmarkmetastasen sowie eine Haarzellleukämie zu denken.
Bei der Einteilung der MPN sind neben den erhöhten Werten von Erythrozyten, Leukozyten, Hämoglobin/Hämatokrit und Thrombozyten das Vorhandensein von Zytopenien und Dysplasien zur Differenzierung essentiell. Ebenso wichtig ist die Durchführung der Knochenmarkhistologie. Die Megakaryozytenmorphologie hilft bei der Unterscheidung von PMF, ET und PV. Bei einer PMF zeigen sich dichte Nester (Cluster) reifungsgestörter Megakaryozyten mit hyperchromatischen Zellkernen. Bei PV und ET hingegen sind die Megakaryozyten nicht eindeutig reifungsgestört. Bei der PV sind sie eher pleomorph, bei der ET typischerweise stark vergrößert. Bei der CML unterscheidet man verschiedene Krankheitsphasen, während ET, PV und PMF basierend auf unterschiedlichen Risikofaktoren und der Anamnese des Patienten in Risikogruppen eingeteilt werden. Diese Einteilung ist dann entscheidend für die Wahl der Therapie.
Differentialdiagnostisch sollten bei einer PV stets sekundäre Erythrozytosen aufgrund von Verminderung des Plasmavolumens, Nikotinabusus oder aufgrund EPO-Vermehrung in Betracht gezogen oder ausgeschlossen werden. Bei einer ET stehen reaktive Thrombozytosen mit Werten meist über 1.000.000µl nach Operationen, Splenektomien, Blutverlusten etc. sowie andere myeloproliferative Neoplasien als Differentialdiagnose im Raum. Bei einer PMF ist an sekundäre Myelofibrosen andere myeloproliferative Erkrankungen, wie eine systemische Mastozytose, eine sekundäre Markfibrose bei Karzinomen mit Knochenmarkmetastasen sowie eine Haarzellleukämie zu denken.
Innovative Therapien und Durchbrüche in der MPN-Forschung
Kurative Behandlungsansätze bestehen in der allogenen Stammzelltransplantation bei Hochrisiko-Patienten, ansonsten sind die derzeit verfügbaren medikamentösen Behandlungsansätze palliativ. Ziel der Therapie bei allen Entitäten ist es, den Krankheitsfortschritt zu verlangsamen, Komplikationen zu vermeiden und die Lebensqualität der Patienten zu erhalten oder idealerweise zu verbessern. Meist soll durch eine Therapie auch die zu starke Myeloproliferation reduziert werden. Im Fall einer bereits vorliegenden Anämie und/oder Thrombozytopenie bei fortgeschrittener Myelofibrose kann eine Therapie jedoch auch darauf ausgelegt sein die Zellzahl zu stabilisieren und ggf. wieder zu erhöhen. Bei ET, PV und PMF wird eine Risikostratifizierung vorgenommen, um die optimale Behandlungsstrategie für den einzelnen Patienten zu wählen.
Ein Überblick über aktuelle Therapielinien der verschiedenen Erkrankungen sind für die ET, PV, PMF, CEL, und CNL in der Onkopedia Leitlinie von 2023 und für die CML in der Onkopedia Leitlinie von 2018 dargestellt.7,8,9,10,11,12
Bei ET-Patienten mit niedrigem Risiko kann der Watch-and-Wait Ansatz ausreichen, während bei PV-Patienten oft Thrombozytenaggregationshemmer zum Einsatz kommen, um die Mikrozirkulationsstörungen zu verbessern und Thromboembolien zu vermindern. In der Placebo-kontrollierten, randomisierten ECLAP-Studie konnte die Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern bei PV-Patienten das Risiko thromboembolischer Ereignisse gegenüber einem Placebo signifikant verringern, ohne das Risiko von schweren Blutungen zu erhöhen.13 Die sogenannte CYTO-PV Studie konnte zeigen, dass kardiovaskuläre bedingte Todesfälle weit weniger häufig auftraten, wenn der Ziel-Hämatokrit bei <45% lag.14
Eine Herausforderung stellen Patienten mit spezifischen Zytostatika-Intoleranzen dar. In der 2015 veröffentlichten RESPONSE Studie konnte der Einsatz eines JAK-Inhibitors im Vergleich mit der Standardtherapie zeigen, dass es bei PV-Patienten sehr viel häufiger zur Kontrolle der Symptome, Verringerung der Milzgröße und besseren Kontrolle des Hämatokrit kam.15
Bei Hochrisiko-Patienten sowie progredienten Patienten mit vorher niedrigem Risiko werden zytoreduktive Substanzen eingesetzt. PMF-Patienten mit ungünstiger Prognose können intensivere Therapien, wie eine Stammzelltransplantation, benötigen; jedoch erfordert diese Therapie eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung.16 Durch die Entwicklung von Interferon-alpha und Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) haben sich die Behandlungsmöglichkeiten der MPN erheblich verändert, besonders bei der CML. TKI zielen auf die genetische Veränderung ab und können in vielen Fällen molekulare Remission erreichen. Interferon-alpha wirkt auf Stammzellebene und ist bei vielen MPN-Entitäten wirksam. Neben der CML zeigen einige seltenere Formen von MPN ebenfalls eine positive Reaktion auf TKI. Nebenwirkungen von Medikamenten dieser Substanzklasse sind vielfältig und beeinträchtigen Patienten unterschiedlich stark.
Tyrosinkinase-Inhibitoren der neuen Generation wurden in Studien wie der SIMPLIFY-1, SIMPLIFY-2 und MOMENTUM für Patienten mit primärer Myelofibrose (PMF) und sekundärer Myelofibrose untersucht.17,18 Von besonderer Bedeutung in beiden SIMPLIFY- Studien war die positive Wirkung auf die Myelofibrose-bedingte Anämie mit und ohne Transfusionsunabhängigkeit.
All diese neuen Therapieoptionen sind allerdings erst der Anfang, denn weitere prospektive Studien sind derzeit aktiv und könnten zur Zulassung weiterer Medikamente führen.
Ein Überblick über aktuelle Therapielinien der verschiedenen Erkrankungen sind für die ET, PV, PMF, CEL, und CNL in der Onkopedia Leitlinie von 2023 und für die CML in der Onkopedia Leitlinie von 2018 dargestellt.7,8,9,10,11,12
Bei ET-Patienten mit niedrigem Risiko kann der Watch-and-Wait Ansatz ausreichen, während bei PV-Patienten oft Thrombozytenaggregationshemmer zum Einsatz kommen, um die Mikrozirkulationsstörungen zu verbessern und Thromboembolien zu vermindern. In der Placebo-kontrollierten, randomisierten ECLAP-Studie konnte die Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern bei PV-Patienten das Risiko thromboembolischer Ereignisse gegenüber einem Placebo signifikant verringern, ohne das Risiko von schweren Blutungen zu erhöhen.13 Die sogenannte CYTO-PV Studie konnte zeigen, dass kardiovaskuläre bedingte Todesfälle weit weniger häufig auftraten, wenn der Ziel-Hämatokrit bei <45% lag.14
Eine Herausforderung stellen Patienten mit spezifischen Zytostatika-Intoleranzen dar. In der 2015 veröffentlichten RESPONSE Studie konnte der Einsatz eines JAK-Inhibitors im Vergleich mit der Standardtherapie zeigen, dass es bei PV-Patienten sehr viel häufiger zur Kontrolle der Symptome, Verringerung der Milzgröße und besseren Kontrolle des Hämatokrit kam.15
Bei Hochrisiko-Patienten sowie progredienten Patienten mit vorher niedrigem Risiko werden zytoreduktive Substanzen eingesetzt. PMF-Patienten mit ungünstiger Prognose können intensivere Therapien, wie eine Stammzelltransplantation, benötigen; jedoch erfordert diese Therapie eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung.16 Durch die Entwicklung von Interferon-alpha und Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) haben sich die Behandlungsmöglichkeiten der MPN erheblich verändert, besonders bei der CML. TKI zielen auf die genetische Veränderung ab und können in vielen Fällen molekulare Remission erreichen. Interferon-alpha wirkt auf Stammzellebene und ist bei vielen MPN-Entitäten wirksam. Neben der CML zeigen einige seltenere Formen von MPN ebenfalls eine positive Reaktion auf TKI. Nebenwirkungen von Medikamenten dieser Substanzklasse sind vielfältig und beeinträchtigen Patienten unterschiedlich stark.
Tyrosinkinase-Inhibitoren der neuen Generation wurden in Studien wie der SIMPLIFY-1, SIMPLIFY-2 und MOMENTUM für Patienten mit primärer Myelofibrose (PMF) und sekundärer Myelofibrose untersucht.17,18 Von besonderer Bedeutung in beiden SIMPLIFY- Studien war die positive Wirkung auf die Myelofibrose-bedingte Anämie mit und ohne Transfusionsunabhängigkeit.
All diese neuen Therapieoptionen sind allerdings erst der Anfang, denn weitere prospektive Studien sind derzeit aktiv und könnten zur Zulassung weiterer Medikamente führen.
Zum Beispiel ist ein BET-Inhibitor für Patienten mit PMF, sowie bei sekundärer Myelofibrose in einer Phase-II und III Studie in der Testung, der in Kombination mit einem JAK-Inhibitor synergistisch Splenomegalien, Fibrosen und Zytokinspiegeln verringert (MANIFEST Studien).19,20,21
2 CME
Myeloproliferative Neoplasien
Näheres und einen intensiveren Einblick zu MPN erhältst du von Prof. Dr. Martin Griesshammer in der Fortbildung.
Quellen
- Khoury JD, Solary E, Abla O, et al.: The 5th edition of the World Health Organization Classification of Haematolymphoid Tumours: Myeloid and Histiocytic/Dendritic Neoplasms. Leukemia 36:1703-1719, 2022. DOI:10.1038/s41375-022-01613-1
- Dreger P et al. Myeloische Neoplasien, Abschnitt 2.5, Walter de Gruyter GmbH & CO KG, Berlin/Boston 2020, ISBN 9783110597509
- Herold G. "Myeloproliferative Neoplasien (MPN)". Innere Medizin 2023, Berlin, Boston: De Gruyter, 2023, pp. 105-110. https://doi.org/10.1515/9783111078304-015
- Zoi K, Cross NC: Genomics of Myeloproliferative Neoplasms. J Clin Oncol 35:947-954, 2017. DOI:10.1200/JCO.2016.70.7968
- James C, Ugo V, Couédic J et al. A unique clonal JAK2 mutation leading to constitutive signaling causes polycythaemia vera. Nature 2005; 434: 1144-1148
- Jones A, Kreil S, Zoi K et al. Widespread occurrence of the JAK2V617F mutation in chronic myeloproliferative disorders. Blood 2005; 106: 2162-2168
- Petrides P et al: Essentielle (oder primäre) Thrombozythämie (ET). Onkopedia Leitlinie Dez-2023, https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/essentielle-oder-primaere-thrombozythaemie-et/@@guideline/html/index.html
- Lengfelder E et al: Polycythaemia Vera (PV). Onkoepdia Leitlinie Sep-2023, https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/polycythaemia-vera-pv/@@guideline/html/index.html
- Grießhammer M et al: Primäre Myelofibrose. Onkopedia Leitlinie Dez-2023, https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/primaere-myelofibrose-pmf/@@guideline/html/index.html
- Metzgeroth G et al: Eosinophilie: Primäre klonale Eosinophile und Differentialdiagnosen. Onkopedia Leitlinie Okt-2023, https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/eosinophilie-primaere-klonale-eosinophile-und-differentialdiagnosen/@@guideline/html/index.html
- Bubnoff N et al: Chronische Neutrophilen-Leukämie (CNL). Onkpedia Leitlinie Jul-2023, https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/chronische-neutrophilen-leukaemie-cnl/@@guideline/html/index.html
- Hochhaus A et al. Chronische Myeloische Leukämie (CML). Onkopedia Leitlinie Jun-2018, https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/chronische-myeloische-leukaemie-cml/@@guideline/html/index.html
- Landolfi R et al. Efficacy and safety of low-dose aspirin in polycythemia vera. N Engl J Med 2004;350:114-24
- Marchioli R et al. Cardiovascular events and intensity of treatment in polycythemia vera. N Engl J Med 2013;368:22-33
- Vannucchi AM et al. Ruxolitinib versus standard therapy for the treatment of polycythemia vera. N Engl J Med 2015;372:426-35
- Lengfelder et al. Myeloproliferative Neoplasien (MPN) (früher: Chronische Myeloproliferative Erkrankungen (CMPE)), Onkopedia Leitlinie 2023 https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/myeloproliferative-neoplasien-mpn-frueher-chronische-myeloproliferative-erkrankungen-cmpe/@@guideline/html/index.html, zuletzt besucht 08-Oct-2024
- Mesa RA, Kiladjian J, Catalano JV, et al.: A Phase III randomized trial of momelotinib versus ruxolitinib in Janus Kinase Inhibitor-naive patients with myelofibrosis. J Clin Oncol 35(34):3844-50, 2017. DOI:10.1200/JCO.2017.73.4418
- Harrison CN, Vannucchi AM, Platzbecker U, et al.: Momelotinib versus best available therapy in patients with myelofibrosis previously treated with ruxolitinib (SIMPLIFY-2): a randomized, open-label, phase 3 trial. Lancet Hematol 5(2):e73-e81, 2018. DOI:10.1016/S2352-3026(17)30237-5
- Mascarenhas, John et al. Journal of clinical oncology: official journal of the American Society of Clinical Oncology vol. 41,32 (2023): 4993-5004. doi:10.1200/JCO.22.01972
- Clinical trial information: NCT02158858
- Clinical trial information:
NCT04603495
NP-DE-MML-WCNT-240009, 11/24
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